Sie haben also Ihr Modell sorgfältig ausgeschnitten, Ihre Einstellungen angepasst und den großen roten Knopf gedrückt, in der Hoffnung, nach 12, 24 oder sogar 48 Stunden etwas vorzeigen zu können. Es herrscht großes Vertrauen. Doch nach einigen Stunden läuft plötzlich etwas schief: seltsame Geräusche, unregelmäßiger Druck, grobe Oberflächen oder sogar katastrophale Schichtablösungen. Der schleichende Übeltäter, der Ihren Druck oft zerstört, aber lautlos arbeitet, ist weder mechanisch noch softwarebedingt – es ist feuchtes Filament.
Es ist wichtig zu verstehen, warum Filament Feuchtigkeit aufnimmt. Die meisten gängigen Druckmaterialien (wie PLA, PETG, Nylon, TPU, ABS) sind hygroskopisch. Das bedeutet, sie ziehen aktiv Feuchtigkeit aus der umgebenden Luft an. Stellen Sie sich das Filament auf der Spule wie einen Schwamm vor, der Tag für Tag dort sitzt und die Luftfeuchtigkeit aufsaugt.
Was passiert, wenn feuchtes Filament auf das heiße Ende trifft?
Das heiße Ende des Druckers ist so heiß, dass beim Eintritt des nassen Filaments in diesen Bereich eine schnelle Phasenänderung nicht nur im Kunststoff verursacht wird. Die eingeschlossenen Wassermoleküle werden unmittelbar zerstört und in Dampf umgewandelt. Dies führt zu einer Reihe schwerwiegender Probleme:
1. Dampfexplosionen und Knallen: Dieser heiße, sich ausbreitende Dampf explodiert im geschmolzenen Kunststoff in kleinen (oder gelegentlich auch nicht so kleinen) Explosionen. Dort entstehen die typischen Geräusche beim Drucken, das Knallen oder Zischen. Das Ergebnis? Die Blasen wurden auf das extrudierte Plastik gepresst und erzeugten eine raue und von Kratern durchzogene Oberflächenstruktur.
2. Unregelmäßige Extrusion: Der Dampfplastikstoff, der die Düse in einer laminaren Strömung verlässt, wird durch die Dampfblasen unterbrochen. Das Ergebnis sind zufällige Schwankungen der Fließgeschwindigkeit, bei denen diese sowohl zu hoch als auch ungenügend sein kann. Optisch führt dies zu welligen Extrusionslinien, Klumpen, Ausbuchtungen und schwachen Stellen im Druck.
3. Abgenutzte Materialeigenschaften: Auf molekularer Ebene kann Feuchtigkeit zu einer chemischen Reaktion führen, die als Hydrolyse bekannt ist und bei Materialien wie Nylon und PETG stärker ausgeprägt ist. Durch diese Reaktion werden die Polymerketten aufgebrochen, was das Material letztendlich schwächt. Die gedruckte Struktur wird spröde, verliert ihre gewünschte Festigkeit und Langlebigkeit und weist eine schlechte Schichtadhäsion auf. Sie lässt sich leicht in Schichten aufteilen: Belastungen können sie zerbrechen.
4. Düsenverstopfung: Verdampfte und zersetze Kunststoffe können verbrannte Rückstände oder Schmutzablagerungen im Inneren der Düse hinterlassen. Diese Ablagerungen führen letztendlich dazu, dass es bei jedem Druck, egal ob lang oder kurz, zu Verstopfungen – teilweise oder vollständig – kommt.
Warum ist dies gerade bei langen Drucken besonders wichtig?
Nasses Filament hat nicht immer sofort katastrophale Auswirkungen auf sehr kurze Drucke. Bei oberflächlichen Schönheitsfehlern kann man Nachsicht walten lassen. Lang andauernde Drucke hingegen verstärken alle individuellen Probleme:
1. Fehlerverstärkung: Selbst kleine Ungenauigkeiten bei der Extrusion oder Oberflächenfehler können bei einem kleinen Druck keine Probleme bereiten, jedoch durch Hunderte von Schichten und sogar viele Stunden hindurch verstärken und wiederholen sie sich. Eine geringfügige Unterextrusion kann zu einer großen Schwachstelle führen; eine raue Oberfläche zerstört alles.
2. Erhöhtes Ausfallrisiko: Je länger der Druck läuft, desto wahrscheinlicher ist ein Ausfall aufgrund einer Dampfblase, die eine katastrophale Extrusion verursacht, einer Schichttrennung durch geschwächtes Material oder Rückstände in einer so hohen Quantität, dass sie verstopfen. Es ist katastrophal, wenn nach 20 Stunden ein 24-Stunden-Druck fehlschlägt.
3. Materialabbau über die Zeit: Hydrolyse erfolgt nicht unmittelbar. Je länger das nasse Filament im heißen Bereich bleibt, während ein langer Druck fortschreitet, desto mehr Zeit hat diese Schwächungsreaktion, sich im gesamten Bauteil auszubreiten und dieses sowohl innen als auch außen zu schwächen.
4. Verlorene Ressourcen: Ein langer Fehldruck bedeutet nicht nur einen großen Verlust an verbrauchtem Filament, sondern auch eine erhebliche Menge an verschwendeter Elektrizität und – am schlimmsten – Ihrer Zeit. Es ist sehr wichtig, die durch Feuchtigkeit verursachten Fehler zu vermeiden.
Halten Sie Ihr Filament fit für lange Einsätze
Die Lösung dieses Problems ist im Grundsatz einfach, erfordert jedoch Aufwand: Machen Sie Ihr Filament trocken.
Geschützte Aufbewahrung: Legen Sie bereits verwendete Filamentrollen in Kunststoffbehälter mit Trockenmittel. Am besten geeignet sind vakuumversiegelte Beutel.
Aktives Trocknen: Filament, das länger als ein paar Tage der Luft (insbesondere feuchter Luft) ausgesetzt war oder Anzeichen von Feuchtigkeit aufweist (Knistern, Sprödigkeit), sollte vor dem Druckvorgang getrocknet werden. Dazu verwendet man einen Filamenttrockner oder einen leistungsstarken, temperaturkontrollierten Lebensmittelentfeuchter. Halten Sie sich an die empfohlenen Trockenzeiten und -temperaturen des jeweiligen Materials.
Drucken aus einer trockenen Umgebung: Wenn Sie einen wichtigen Druck mit langer Belichtungszeit erstellen müssen, erwägen Sie das Drucken auf einer beheizten Trockenbox, sofern Ihre Ausrüstung dies zulässt. Dies bietet während des gesamten Auftrags Schutz.
Der Schlusspunkt
Feuchtigkeit im Filament ist ein unsichtbarer Feind, und je länger Sie drucken, desto exponentiell schädlicher kann sie werden. Die direkten Folgen sind ein Knackgeräusch, schlechte Oberflächen, schwache Schichten und mögliche katastrophale Fehler während des Druckvorgangs. Um zuverlässig Langzeit-3D-Druck durchführen zu können, muss das Problem der Filamenttrockenheit nicht als nachträgliche Überlegung behandelt werden, sondern als erforderliche Voraussetzung. Trockenes Filament bildet die Grundlage für den Erfolg von Langzeitdrucken. Lassen Sie nicht zu, dass die Feuchtigkeit sich über Ihre wertvollen Arbeitsstunden frisst – halten Sie es trocken!